Der Hilferuf von Tört und El

Ich Tört und mein Kollege El leben in einem Dorf in den Bergen. Unser Auslauf misst 4x4 Meter und ist mit einem 50 cm hohen Stabdrahtzaun eingezäunt. Durch diesen sehen wir erstrebenswerte Verstecke und viel Interessanteres als in unserem vorgegebenen Gefängnis.

Oft geben wir uns dermassen auf den Geist, dass wir uns sehr streiten und beissen. Da sehnen wir uns nach einer abwechslungsreicheren Umgebung. Wir haben ein kleines, heugefülltes Holzhäuschen, wo wir uns für die Nacht einquartieren. Oft riecht es da etwas muffig, da das Heu schnell zu schimmeln beginnt, aber besser als gar nichts.

Unser Gehege ist mit Rasen bewachsen und so werden unsere Krallen leider immer länger, da sie nicht abgenutzt werden.

Wir haben im Gehege eine Blautanne, aber da ihre Äste nicht bis zum Boden reichen, können wir uns hier weder zurückziehen noch verstecken. Auch der grosse Felsbrocken gefällt wohl nur unseren Besitzern.

Eine Wasserschale gibt es auch noch in unserem Auslauf, die lieben wir sehr.

Täglich bekommen wir frischen Salat, Tomaten, Pfirsiche, Broccoli,  Blumenkohl und andere Leckereien. Sowas bekommen unsere Kollegen im Naturbiotop wohl kaum. Dafür plagen sie auch weniger Stoffwechselkrankheiten wie Höckerwachstum, Gicht, Hornschneidenprobleme und Durchfall.

Manchmal haben wir Lust auf Kräuter und Blüten, aber das gibt es bei unseren Pflegern nicht. Dafür machen sie sich Sorgen, wenn es regnet, denn da werden wir sofort auf den geschützten Balkon gebracht. Manchmal wäre aber so eine Dusche eine tolle Erfrischung.

Ab Mitte September sind wir bei unseren Pflegern im Wohnzimmer untergebracht, im Oktober werden wir in den Keller verbannt.

Dort träumen wir von einer Interessanten Anlage mit Frühbeet und Versteckmöglichkeiten, einem abwechslungsreichen Untergrund und würzigen Kräutern, hie und da einem Regenguss und keine Umzüge mehr. Vielleicht würden wir uns dann auch besser vertragen.

Doch im April sind wir wieder in der Stube und, wenn es das Wetter erlaubt, werden wir bald wieder unser eintöniges Gefängnis im Garten beziehen.

Es wäre erstrebenswert, wenn unsere Besitzer sich besser über unsere Bedürfnisse orientieren würden. Es soll ja Organisationen geben, welche unsere natürliche Lebensweise in freier Wildbahn studiert haben und ihr Wissen gerne weitergeben.

Leider können wir unsere Träume den Besitzern nicht selber mitteilen, wir hoffen aber, dass diese sich freiwillig schlau machen.

Diesmal träumen wir, dass im nächsten Frühling alles anders ist.

Tört und El